Eine kurze Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr genügt und man ist in einen Unfall verwickelt. Im besonders ungünstigen Fall werden dabei Personen verletzt.

1. Was ist eine fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr?

Die Verletzung anderer Menschen im Rahmen eines Verkehrsunfalls ist nie eine leichte Angelegenheit.

Dem Unfallverursacher droht aber nur dann die Strafverfolgung, wenn er die Körperverletzung zumindest fahrlässig herbeigeführt hat. Von Fahrlässigkeit spricht man, wenn der Täter unsorgfältig gehandelt und seine Pflichten als Verkehrsteilnehmer vernachlässigt hat.

Beispiel 1: Autofahrer A fährt im Winter immer sehr vorsichtig und der Witterung angemessen. Ganz unvorhersehbar tritt jedoch Blitzeis auf. A verliert die Kontrolle über sein Auto und fährt Fußgänger B an. Ist er strafbar?

A fuhr der Situation angemessen und konnte nicht mit dem Blitzeis rechnen. A handelte somit nicht fahrlässig. Er ist nicht strafbar.

Beispiel 2: Autofahrer C hat es eilig. Er ignoriert daher ein Stoppschild und denkt, es werde schon nichts passieren. Hierdurch stößt er aber mit einem anderen Auto zusammen und verletzt dessen Fahrer. Ist C strafbar?

C hat das Stoppschild missachtet und daher unsorgfältig gehandelt. Er ist wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar.

Es kommt also nicht darauf an, ob der Täter die Körperverletzung gewollt hat oder nicht. Allein das unsorgfältige Handeln ist für die Fahrlässigkeit ausreichend. Solche Pflichtverletzungen liegen insbesondere bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) vor.

Häufig ist daher in folgenden Fällen fahrlässiges Handeln anzunehmen:

  • Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
  • Überfahren einer roten Ampel
  • Missachten von Stoppschildern
  • Telefonieren beim Fahren
  • Zu dichtes Auffahren
  • Ungenügende Beachtung des Verkehrsflusses, z.B. kein Schulterblick
  • Missachten von Vorfahrtsregeln
  • Zu schnelles Fahren
  • Falsches Überholen

Zum Schluss ein Hinweis: Bei einer Sachbeschädigung ist nur das vorsätzliche Handeln strafbar. Der Unfallverursacher muss daher kein Strafverfahren wegen einer fahrlässigen Sachbeschädigung fürchten, wenn beispielsweise bei einem Unfall ein fremdes Auto beschädigt wird.

2. Muss der Geschädigte einen Strafantrag stellen?

Einige Straftatbestände sind sogenannte „Antragsdelikte“. Diese werden meist nur verfolgt, wenn der Geschädigte einen Strafantrag bei Polizei oder Staatsanwaltschaft stellt.

Bei der fahrlässigen Körperverletzung handelt es sich um ein solches Antragsdelikt. Grundsätzlich ist daher ein Strafantrag des Geschädigten nötig.

Es besteht jedoch eine Besonderheit: Die Strafverfolgung ist auch ohne Antrag möglich, wenn ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Nach den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) soll das besondere öffentliche Interesse regelmäßig zu bejahen sein, wenn…

  • der Täter einschlägig vorbestraft ist, roh oder besonders leichtfertig gehandelt hat,
  • durch die Tat eine erhebliche Verletzung verursacht wurde
  • oder dem Opfer wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann, Strafantrag zu stellen, und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist.

Andererseits können auch die Umstände beachtlich sein, dass

  • der Verletzte auf die Bestrafung keinen Wert legt
  • oder ihn ein hohes Mitverschulden trifft.

Jedenfalls folgt allein aus der Verletzung einer Person nicht automatisch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung.

Beispiel: Autofahrer A ist stark alkoholisiert und fährt daher Radfahrer B an. Dieser erleidet mehrere komplizierte Knochenbrüche. A entschuldigt sich und bietet dem B viel Geld zur Wiedergutmachung. Der B will die Sache daher vergessen und von einer Anzeige absehen. Die Staatsanwaltschaft möchte gleichwohl gegen A ermitteln.

Kann A bestraft werden?

Ja, A kann bestraft werden. Es besteht ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Es ist daher egal, ob der B dem A verzeiht und keine Strafverfolgung wünscht.

3. Wie hoch ist die Strafe bei fahrlässiger Körperverletzung?

§ 229 StGB bestimmt für eine fahrlässige Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe. „Bis zu 3 Jahren“ meint, dass es sich hierbei um eine Höchststrafe handelt. Der Betroffene kann daher beispielsweise auch nur zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden.

Der Richter bestimmt im Einzelfall, welches Strafmaß er für angemessen hält. Ordnet er eine Freiheitsstrafe an, so kann er diese zur Bewährung aussetzen. Dies ist bei Freiheitsstrafen von unter einem Jahr die Regel. Zulässig ist die Bewährung bis zu einem Strafrahmen von zwei Jahren.

Zur Ermittlung der Strafe wägt der Richter mildernde und erschwerende Umstände ab.

Hierbei sind insbesondere folgende Aspekte relevant:

  • Ist der Betroffene Ersttäter oder ist er bereits vorbestraft?
  • Handelt es sich um eine schwere Pflichtverletzung? Beispielsweise wiegt ein kurzer Blick auf das Handy am Steuer weniger schwer als das absichtliche Überfahren einer roten Ampel.
  • Fuhr der Täter unter Alkohol- oder Drogeneinfluss?
  • Hat der Geschädigte den Unfall selbst mitverursacht und trägt daher auch Mitschuld an seiner Verletzung?
  • Wie viele Personen wurden verletzt?
  • Handelt es sich nur um eine leichte Körperverletzung, zum Beispiel nur um eine Prellung, oder um eine schwerere Körperverletzung?
  • Wie verhält sich der Täter nach der Tat? Ist er geständig? Entschuldigt er sich beim Opfer und leistet Wiedergutmachung?

Ersttäter, die keinen schweren Unfall verursachen, können zumeist mit einer Geldstrafe rechnen. Diese wird in Tagessätzen berechnet und richtet sich nach dem monatlichen Nettoeinkommen des Betroffenen.

Vorbestrafte Täter müssen hingegen durchaus mit einer Freiheitsstrafe rechnen. In schweren Fällen wird diese auch nicht zur Bewährung ausgesetzt.

In Fällen mit einfachem Sachverhalt kommt es oftmals nicht zu einer Verhandlung vor Gericht. Stattdessen wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein „Strafbefehl“ erlassen. In diesem wird dem Betroffenen eine Geldstrafe ohne mündliche Verhandlung vor Gericht auferlegt.

4. Welche weiteren Folgen drohen nach dem Verkehrsunfall?

Neben der Freiheits- oder Geldstrafe drohen dem Täter weitere Konsequenzen.

  • Jede verurteilte Straftat wird in das Bundeszentralregister eingetragen. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch eine Eintragung im polizeilichen Führungszeugnis. Wird der Täter zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von über drei Monaten verurteilt, wird die fahrlässige Körperverletzung in das polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen.
  • Dem Betroffenen kann weiterhin die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn das Gericht ihn als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ansieht (§ 69 StGB). Dies ist bei Ersttätern und nur leichten Unfällen grundsätzlich nicht der Fall. Ist die Körperverletzung allerdings Folge einer Alkoholisierung des Unfallverursachers, wird meist die Fahrerlaubnis entzogen.Nach Ablauf einer Sperrfrist von maximal fünf Jahren kann die Fahrerlaubnis erneut beantragt werden. Die Verkehrsbehörde prüft dann, ob von der Eignung zur Führung eines Kraftfahrzeugs wieder auszugehen ist.
  • Statt der Entziehung der Fahrerlaubnis kann der Richter dem Betroffenen ein Fahrverbot auferlegen (§ 44 StGB). Dieser muss dann seinen Führerschein in amtliche Verwahrung geben und darf für die Dauer des Verbots kein Kraftfahrzeug mehr führen. Dies betrifft maximal einen Zeitraum von sechs Monaten. Danach dürfen Fahrzeuge ohne erneute Prüfung wieder geführt werden.
  • Gerade für Berufsfahrer ist die Eintragung von Punkten in Flensburg relevant. Für die fahrlässige Körperverletzung allein werden seit Mai 2014 keine Punkte mehr eingetragen. Ergeht jedoch ein Fahrverbot, so erhält der Betroffene zwei Punkte in Flensburg. Wird die Fahrerlaubnis sogar entzogen, drohen drei Punkte.
  • Zuletzt kann der Geschädigte Schadensersatz, z.B. für entstandene Arztkosten oder Verdienstausfall, und Schmerzensgeld einfordern. Das Schmerzensgeld wird vom Gericht nach allgemeinen Tabellen festgelegt und richtet sich nach der Schwere der erlittenen Verletzung.Diese Zahlungen übernimmt die KFZ-Haftpflichtversicherung. Sie kann diese Beträge beim Versicherten nur in Ausnahmefällen zurückfordern. Maximal können 5.000 € zurückverlangt werden.

Beispiel: Ursächlich für den Unfall war Trunkenheit am Steuer.

5. Kann das Verfahren eingestellt werden?

Wird eine Straftat begangen, so müssen Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich ermitteln und den Täter strafrechtlich verfolgen.

Im Einzelfall kann das Strafverfahren jedoch eingestellt werden. Dies ist inbesondere in folgenden Fällen möglich:

  • Es handelt sich um ein geringfügiges Vergehen (§ 153 StPO).
  • Statt einer Strafe werden dem Täter Weisungen oder Auflagen auferlegt (§ 153a StPO).Besonders bedeutsam bei der fahrlässigen Körperverletzung im Straßenverkehr ist die Einstellung wegen Geringfügigkeit („Bagatelldelikt“). Die Staatsanwaltschaft wird die Körperverletzung als geringfügig ansehen und die Ermittlungen einstellen, wenn die Schuld des Täters im Einzelfall nur gering wiegt und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Beispiel: Autofahrer A guckt beim Linksabbiegen nur flüchtig und streift daher Radfahrer B. Dieser stürzt, erleidet jedoch nur eine Schürfwunde. Der erboste B stellt einen Strafantrag. Wie wird die Staatsanwaltschaft verfahren?

Da B einen Strafantrag stellte, kann A strafrechtlich verfolgt werden. B erlitt jedoch nur ganz leichte Verletzungen und A verstieß nicht schwerwiegend gegen seine Pflichten als Autofahrer. Die Schuld des A wiegt daher nicht schwer. Die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren einstellen.

Auch kann die Staatsanwaltschaft von einer Klage absehen, wenn sie dem Täter Auflagen oder Weisungen erteilt und der Geschädigt zustimmt. Hierbei kommen bei Straftaten im Straßenverkehr insbesondere folgende Auflagen oder Weisungen in Betracht:

  • Die Wiedergutmachung des Schadens durch den Täter.
  • Spende an eine gemeinnützige Organisation.
  • Die Teilnahme an einem Aufbau- oder Fahreignungsseminar.

Der Betroffene gilt bei einer Verfahrenseinstellung weiterhin als unschuldig. Ein Eintrag im Bundeszentralregister erfolgt dann nicht.

6. Fazit
  • Von einer fahrlässigen Körperverletzung spricht man, wenn ein Verkehrsteilnehmer unsorgfältig handelt und dadurch andere Menschen verletzt.
  • Fahrlässigkeit liegt insbesondere bei Verstößen gegen die StVO vor.
  • Die fahrlässige Körperverletzung kann grundsätzlich nur auf Strafantrag des Geschädigten verfolgt werden – bei öffentlichem Interesse an der Strafverfolgung ausnahmsweise auch ohne Antrag.
  • Die fahrlässige Körperverletzung kann mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bestraft werden.
  • Daneben drohen ein Eintrag im polizeilichen Führungszeugnis, Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis sowie Punkte in Flensburg.
  • Eine Einstellung des Verfahrens ist bei Geringfügigkeit oder gegen Erteilung von Weisungen oder Auflagen möglich.
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